Der allererste SUV. Ich hatte ihn

Es gibt Männer, die fahren einen BMW, weil die Marke „angesagt“ ist. Andere stehen auf Golf, weil es in dieser Klasse angeblich nichts Besseres gibt. Wer Dacia fährt, zählt zu den Loosern. Und, natürlich, wer voll im Trend sein will, bewegt sich natürlich in einem SUV durch die Lande. Schon weil Männer es groß und eindrucksvoll lieben.

Männer? Alle Männer? Die Männer? Also ich habe das Gefühl, dass ich mein Leben lang den Anschluss verpasst habe. Irgendwie war ich nie im Trend, habe mich nie für das interessiert, was alle toll fanden und habe auch nie ein Auto gefahren, dem man, womöglich noch in der gerade angesagten Trendfarbe, an jeder Kreuzung dreimal begegnet. Mein größter Ausrutscher war ein VW, aber das war ein Bully mit Camping-Ausstattung, also irgendwie schon fast wieder ein Exot. Und dann gab es da noch einen Ford Granada Kombi mit 3 Liter V6. Den fand ich einfach toll, weil er so riesig war und so schön amerikanisch blubberte.

Ansonsten begann mein Autoleben mit einer Ente. Es war die Super-Ente mit sagenhaften 28 PS aus zwei Zylindern. Die Höchstgeschwindigkeit lag bei etwas mehr als hundert, aber da fingen schon die nach oben aufklappbaren Seitenscheiben an, ein Eigenleben zu führen. Aber das Rolldach war einfach Spitze und der Komfort war unschlagbar. Klar, ein Renault R4 wäre praktischer gewesen und ein Käfer hätte vermutlich den besseren Wiederverkaufswert gehabt. Aber einfach das zu tun, was alle taten, war noch nie mein Ding.

Nach dem 2CV kam die Göttin. Natürlich. Jeder, der sich in Citroên verguckt hat, wollte irgendwann einen DS haben. Dem schwebenden Fahrgefühl trauere ich noch heute nach und wenn ich einen Oldtimer am Straßenrand sehe, bekomme ich glänzende Augen. Im Vergleich zu den Panzern von Mercedes und so ziemlich allem, was sonst noch auf der Straße fuhr, war der DS einfach ein Stück Zukunft. Leider haben mich die Reparaturkosten irgendwann aufgefressen und ich habe mich von Citroên verabschiedet.

Der erste Japaner, der nicht wie ein zu heiß gebadeter amerikanischer Straßenkreuzer aussah, war der Mitsubishi Galant. Ich hatte ihn als Kombi und er war es, der meinen ersten Wohnwagen quer durch Europa zog. Das konnte ich mir auch leisten, denn ein Japaner muss nicht in die Werkstatt und mein Konto entspannte sich ganz erheblich.

Und dann kam der Rancho. Sein Designer war Antonis Volanis, der ihn ursprünglich für Simca entwickelt hatte. Später stand dann Matra drauf. Es gab auch Modelle mit Chrysler-Simca Logo, bis dieses ganze Firmengemenge von PSA übernommen und beerdigt wurde. Was leider auch das Aus für den Rancho bedeutete.

Der Rancho war eigentlich der Vorreiter von dem, was momentan unter dem sperrigen Kürzel SUV so beliebt ist. Er beruhte auf dem Chassis einer in der Urfassung ziemlich belanglos aussehenden Kompaktlimousine, mit der er auch das Blech bis zur B-Säule teilte. Danach kam ein recht markant aussehender Aufbau aus Glasfaser, der mit einer horizontal zweigeteilten Heckklappe endete. Perfekt war er nicht, aber ich mochte das Teil und bin damit plus Wohnwagen bis nach Portugal gefahren.

Ausgehend von diesem SUV-Wegbereiter gab es eigentlich nur noch eine Steigerung: einen „richtigen“ Geländewagen. Ich kehrte wieder zu Mitsubishi zurück und nannte einen gewaltigen Patrol mein eigen. Souveräner habe ich mich noch nie auf den Straßen bewegt. Ob ich den Allradantrieb jemals zugeschaltet habe, weiß ich nicht mehr. Nur etwas habe ich eigentlich immer vermisst: Fahrkomfort. Ein Geländewagen – und den sollte man tunlichst nicht mit einem SUV verwechseln – ist eben ein harter Bursche fürs Grobe und keine Limousine für zivilisierte Straßen.

Aber mit dem Patrol war auch mein Wohnwagen ein paar Nummern größer geworden. Die Kids hatten sich daran gewöhnt, unterwegs Videos gucken zu können und so gab es eigentlich nur noch eine Alternative: ein Van. Ein schnöder Kombi erschien mir einfach zu gewöhnlich und die hohe Sitzposition vom Patrol wollte ich eigentlich auch nicht mehr missen. Was folgte war der spacigste Van, den Toyota jemals gebaut hat: der Previa. Von außen sah er aus wie Science Fiction. Innen hatte man das Gefühl, in einem Flugzeug unterwegs zu sein. Ein tolles Gefährt, das in meinem Gedächtnis nur positive Spuren hinterlassen hat.

Leider gab Toyota die Produktion nach wenigen Jahren auf, aber die Dinger sind so solide, dass man sie heute noch in fast unversehrtem Zustand herumfahren sieht. Ich wechselte zu Chrysler und fuhr lange Zeit einen Voyager, der eigentlich ein Dodge war und „richtigen“ amerikanischen Sechszylinder unter der Haube hatte. Weshalb andere Familienleute einen kantigen Handwerker-Bully fuhren, habe ich nie begriffen.

Heute sind die Kids erwachsen und für einen Van finde ich einfach keine Ausrede mehr. Aber Auto hatte für mich schon immer etwas mit Transportieren zu tun und Platz kann man nie genug haben. Das merkt man spätestens beim nächsten Besuch im Baumarkt. Mein jetziger ist wieder ein Citroên. Ich mag einfach die Vorliebe der Franzosen zu advantgardistischen Formen. Und ihre Bereitschaft, neue Wege zu gehen und einfach das zu bauen, was andere lediglich als Showcars auf der Messe präsentieren.

Man hat ihm den Namen C4 Picasso gegeben und er hat vieles von dem, was mir an Citroên gefällt. Zum Beispiel ein Armaturenbrett ohne die „ergonomischen Rundinstrumente“, die in der Fachpresse noch immer gelobt werden. Was an einem Tacho ergonomisch sein soll, bei dem man anhand der Zeigerstellung umständlich auf die aktuelle Geschwindigkeit schließen muss, habe ich nie nachvollziehen können. Ich sehe einfach eine Zahl und weiß, ich fahre gerade 59 und damit langsam genug, um die drohende Blitzampel vor mir nicht auszulösen. Die angeblich so innovativen Ingenieure von BMW und Mercedes fangen erst jetzt allmählich an, ihre uralten Instrumententafeln von der Mechanik auf LCD umzustellen – um damit wie eh und je die gewohnten Rundinstrumente zu simulieren.

Mein Nachbar in der Tiefgarage fährt einen Mercedes A-Klasse und ist mächtig stolz darauf. Das Ding ist winzig klein und hat dennoch ein gutes Stück mehr gekostet als mein Picasso. Aber wenn er in Urlaub fährt, muss er eine Plastikbox aufs Dach schrauben und die Fahrräder kommen auf einen sperrigen Träger auf der Anhängerkupplung. Meine Räder stehen vor Dieben und Regen geschützt im Innenraum und Gepäck war noch nie ein Problem. Individualisten tun eben selten das, was alle für toll halten.