Von Männern und Frauen, Taschen und Taschen

Wenn Männer und Frauen über Kleidung reden, wird schnell deutlich, dass das wohl nix wird mit der Gleichheit der Geschlechter. Nein. Mann und Frau sind verschieden. Sehr verschieden. Geht ein Mann in einen Laden, will er einen Anzug, eine Jeans, eine Jacke, eben die Basics, die er so braucht, um sich in der City zu bewegen oder im Job nicht aufzufallen. Reden tut er darüber eigentlich kaum. Er kauft, was er braucht und gut ist.

Nun gut, es gibt auch die anderen. Aber wir wollen ja hier über richtige Männer reden, die Wichtigeres im Kopf haben, als sich über ihr Outfit Gedanken zu machen.
Bei Frauen ist die Sache natürlich ungleich komplizierter. Was sich schon darin zeigt, dass sie ganze Samstage damit verbringen können, das eine, einmalige, einfach fantastische Kleid zu finden. Womit die Frage der dazu passenden Schuhe noch nicht geklärt ist. Und die der Accessoires auch nicht.

Für Männer sind vor allem praktische Aspekte entscheidend. Zum Beispiel, wenn es um eine Tasche geht. Er muss sie bequem umhängen können. Der Notebook muss darin Platz finden und ohne Organizer für Visitenkarten, Schlüssel und Schreibgeräte geht gar nichts.

Frauen kennen hier vor allem ein Kriterium: sie muss chic sein. Und sie muss natürlich zum übrigen Outfit passen. Über Details denken sie eigentlich nicht so viel nach. Eher über das Label, das chromglänzend darüber informiert, dass es sich um ein edles Stück handelt.

Wie zum Beispiel neulich, als ich mit meiner Liebsten in Berlin war. Sie musste unbedingt zu Max Mara und da ich dabei war, musste ich natürlich mit. Aber man weiß dort, wie man mit Männern umgeht. Man setzt sie in eine knautschig weiche Sofaecke und füllt sie mit Kaffee ab. Denn es kann dauern, bis sich ein Weib entschieden hat. Wie gesagt, ihre Welt ist um Einiges komplizierter.

In diesem Fall ging es etwas schneller. Es ging nämlich nur um eine ganz bestimmte Handtasche, die sie irgendwo gesehen hatte und unbedingt haben wollte. In Schwarz natürlich, denn sie steht auf Schwarz.

Zugegeben, es war ein schönes Teil. Sie war sehr edel verarbeitet und formal einfach was fürs Auge.  Aber sie war eine Handtasche. Also ein Behälter, den man ständig in der Hand tragen muss und somit immer nur noch eine Hand frei hat. Bei Männern heißt so was Aktentasche und sie benutzen das schon lange nicht mehr. Schließlich brauchen sie eine Hand für das Handy, die andere für den Autoschlüssel und die dritte, um ihre Geliebte zu umarmen.

Das Teil sollte satte 1.400 Euro kosten. „Für den Preis ist aber ein Notebook gleich mit dabei,“ lautete meine Reaktion, denn es würde mir nicht im Traum einfallen, für ein Stück genähtes Leder eine vierstellige Zahl auszugeben. Dem war aber nicht der Fall. Im Gegenteil, es passte bestenfalls ein Tablet rein, denn die Tasche hatte nur ein einziges Fach mit Reißverschluss.

Wie bitte?

Tatsächlich. Sie war schick, puristisch und dekorativ. Aber funktional gesehen war sie nichts anderes als ein Sack. Innen gab es lediglich drei Fächer, von denen, wie gesagt, eines mit einem Zipper verschlossen werden konnte. Keine Schlaufe für einen Kugelschreiber. Kein Fach für das Handy. Keinen Anhänger für den Hausschlüssel. Keinen Bereich für den geheimnisvollen Krimskrams, den Frau immer dabei hat. Nichts.

Der Reißverschluss war übrigens nicht wasserdicht und überhaupt war die ganze Tasche oben offen.

Offen!

Ja, offen für jeden Dieb, der schnell mal rein langen wollte. Offen für den überraschenden Regenschauer auf dem Weg zur Oper. Offen. Unpraktisch. Unbrauchbar.

Ich möchte schwören, dass es eine Frau war, die für diesen Design-Ausrutscher verantwortlich zeichnete. Dazu passte auch die Bemerkung der Verkäuferin, die vorsorglich darauf hinwies, dass man das empfindliche Leder natürlich regelmäßig pflegen müsse, damit es lange gut aussieht. Dafür gäbe es ein ganz spezielles Pflegemittel.

Fassen wir also zusammen: Meine Allerliebste (ja, ich liebe sie trotzdem) war bereit, sagenhafte eintausendvierhundert Euro für eine Handtasche auszugeben, die man im Regen nicht benutzen konnte und die für jeden Taschendieb geradezu eine Einladung war. Eine Tasche, die lediglich aus drei tiefen Fächern bestand, in die man mit dem ganzen Arm eintauchen musste, um irgend etwas wiederzufinden. Eine schicke Tasche, die man abstellen musste, wenn man beide Hände brauchte, und die dann …. siehe Taschendieb.

Also meine Tasche war auch recht teuer. Trotzdem hat sie nur dreihundert Euro gekostet. Sie ist ganz bewusst nicht aus Leder, denn Ledertaschen sehen schon nach kurzer Zeit irgendwie alt und abgegriffen aus. Dafür ist sie aus unverwüstlichem Cordura Nylon. Der Hersteller garantiert, dass sie wasserfest ist und auch die Reißverschlüsse mit extra Gummilippe jedem Regenguss standhalten.

Sie nennt sich Everyday Messenger Bag und stammt von einer kalifornischen Designschmiede namens Peak Design. Man kann sie in der Hand tragen. Dafür hat sie an der Oberseite einen dezent integrierten Griff. Vor allem aber kann man sie über die Schulter hängen. Einfach nur auf einer Seite oder mit quer über den Körper verlaufendem Gurt. Wenn sie im Weg ist, schiebt man sie einfach Richtung Rücken und man hat nicht nur beide Hände, sondern auch die Ellenbogen frei. Genauso nutzt man sie beim Fahrrad fahren. Dafür gibt es dann auch noch einen Bauchgurt, der bei Nichtgebrauch unsichtbar in einem Fach verschwindet.

Das Notebook hat ein extra gepolstertes Fach mit Reißverschluss, das bequem von oben zugänglich ist. Das Fach ist unterteilt, sodass ich zusätzlich noch ein Tablet dabei haben kann. Eine verschließbare Vortasche mit Organizer-Einteilung ist selbstverständlich. Und das Hauptfach kann man sich genau so einrichten, wie man es braucht. Da passt ein ganzer Stapel Papierunterlagen rein, eine komplette Fotoausrüstung oder was immer Mann gerade dabei haben will.

Schick? Ja, schick ist sie auch. Elegant trifft es vielleicht nicht, aber das Design ist ungewöhnlich und genau richtig für die City, das Besprechungszimmer, den Schreibtisch oder wo immer Mann sich eben so bewegt. Für die Oper würde ich sie vielleicht nicht mitnehmen. Aber dafür brauche ich auch keine Tasche. Schließlich bin ich Mann und habe einen Anzug, in dem alles steckt, was einen gelungenen Abend ausmacht.

Es gibt übrigens auch eine Variante für die Frau von heute. Sie nennt sich Everyday Tote und kommt einer Damen-Handtasche schon recht nahe. Auch sie ist unverwüstlich, hat regendichte Reißverschlüsse und ein hoch variables Innenleben. Die Tragegriffe sind nicht nur lang genug, dass man die Tasche bequem am Arm tragen kann. Sie lassen sich auch flexibel nutzen und machen die Tasche mit wenigen Handgriffen zum Rucksack. Dann hat auch Frau uneingeschränkte Bewegungsfreiheit.

Wie bei der Messenger Bag hat auch die Tote Bag ein spezielles Fach für das Handy (und weitere für wichtige Dokumente) und einen Schlüsselanhänger, der dezent in einem seitlichen Fach verschwindet. Und, fast hätte ich es vergessen, die Tote Bag lässt sich auch seitlich öffnen. Zum Beispiel um ganz schnell auf die Kamera zugreifen zu können.

Meine Liebste liebt übrigens ihre Max Mara Tasche. Und ich übersehe es mit männlich überlegener Geduld, wenn sie mal wieder tief in das Behältnis eintauchen muss, nur um ihr Handy zu finden, das zwischenzeitlich die gesamte Umgebung mit einer lustigen Melodie unterhält. Oder wenn sie etwas nicht findet, obwohl sie ganz sicher ist, es mitgenommen zu haben.

Männer denken eben einfach praktischer.