Modeblogs: Seht her, seht mich an

Früher vertrauten sie ihr Leben einem Tagebuch an. Das war hoch geheim, denn da standen Dinge drin, die eigentlich niemand lesen sollte. Das Tagebuch erfuhr als Erstes von dem tollen Kerl in der Nachbarklasse. Es machte alle Phasen der großen Liebe durch. Es wusste genau, wann es ihr erstes Mal war und kannte alle Details dazu. Es war das Buch, in dem ihr Leben stand. Ihre Gedanken. Die großen Ereignisse in ihrem Leben.

Heute gibt es diese geheimen Mitwisser aus Papier nicht mehr. Was es gibt sind Blogs. Und die sind alles andere als persönlich, vertraulich oder gar geheim. Sie sind öffentlich und jeder kann lesen, was ihr Besitzer in die Tastatur gehämmert hat. Jeder. Familie. Freunde. Bekannte. Unbekannte. Die ganze Welt.

Es geht dabei immer noch um Gedanken. Um das, was dem Autor wichtig ist. Oder der Autorin. Denn die meisten Blogs stammen aus Frauenhand. Und Frauen schreiben eben über das, was Frauen so interessiert. Und was sie für so wichtig halten, dass es die Welt wissen sollte. Dabei geht es natürlich auch über die Kerle. Aber bei weitem nicht nur. Denn ein Mädchen schreiben vor allem für Mädchen und Frauen für Frauen. Und die interessieren sich vor allem für die wirklich wichtigen Dinge im Leben. Für Mode zum Beispiel. Für das eigene Aussehen im Vergleich zu anderen. Für alles, was dem Körper guttut und vor allem, was ihn gut aussehen lässt.

Früher passierte das in aller Abgeschiedenheit. Zu Hause vor dem Spiegel. Da probierte sie ein Dutzend Outfits aus, bis sie sich richtig gut fand und auf die Straße traute. Heute geht sie gleich auf die Straße. Oder irgendwo hin, wo es eine schicke Kulisse gibt. Und sie braucht keinen Spiegel, denn es gibt ja Digitalkameras. Und die machen dank intelligenter Programmautomatik richtig tolle Bilder, ohne dass man dafür eine Fotografin sein muss.

Denn es geht nicht mehr allein um Selbstbestätigung. Es geht vor allem darum, sich zu zeigen und das eigene Ego möglichst vorteilhaft zu präsentieren. Vor allem denjenigen, die einen kennen. Den eigenen Freundinnen und Freunden etwa. Aber natürlich auch denjenigen, die man beeindrucken, gewinnen oder neidisch machen will.

Vor allem aber geht es um das eigene Ich. Das ich bin schön. Das ich sehe toll aus. Das ich habe Geschmack. Das ich bin voll im Trend. Und es geht um eine ganz banale Botschaft: Seht her. Seht mich an. Bewundert mich.

Dieser Gedanke drängt sich einem geradezu auf, wenn man durch all die Blogs spaziert, die sich um Themen wie Mode, Style und Outfit drehen. Und die nichts anderes zeigen, als immer wieder dieselbe Person – mal im Anschnitt, mal in der Totalen, mal von vorne, mal von hinten, mal von der Seite, aber immer mit einem Lächeln. Mal muss der letzte Urlaubsstrand als Kulisse herhalten, mal das Hotelzimmer beim letzten Seminar, mal einfach ein Park in der Heimatstadt.

Text? Ja Text gibt es dazu auch. Worte, die man eben so sagt. Gedanken, die man eben so denkt. Schließlich muss die Welt wissen, dass man gerade mal wieder shopping war. Und es muss natürlich erwähnt werden, wo man war und welches Label der Blazer im Innenfutter trägt. Das weiß man sonst ja nicht. Allerdings drängt sich der Verdacht auf, dass das eigentlich niemand wissen will. Und so mancher Unbeteiligte fragt sich, was das Ganze überhaupt soll.

Denn Geld verdienen lässt sich damit wohl kaum. Aber darum geht es ja wohl auch nicht. Denn wer einen Blog in die Welt setzt, der eine klare Botschaft hat und konkrete Ziele verfolgt, der macht sich zunächst mal Gedanken über die Zielgruppe, die er damit erreichen will. Und er/sie fragt sich, was diese Zielgruppe interessiert und welchen Nutzen der Blog für sie bringt.

Aber damit tun sich Narzissten naturgemäß eher schwer. Schließlich drehen sich ihre Gedanken ausschließlich um die eigene Person. Ihr Universum besteht vor allem aus dem eigenen Ich. Und ihr Handeln ist ein einziger Schrei nach Aufmerksamkeit.