Dating: Große Liebe oder doch nur Freundschaft?

Früher wurden Ehen im Himmel geschlossen. Heute spricht man eher von Beziehungen und die entstehen meist bei Tinder oder Elitepartner. Wenn überhaupt. Denn die meisten Begegnungen sind schon am selben Abend verglüht. Manchmal wird immerhin eine Freundschaft draus und man sieht sich hin und wieder. Aber die ganz große Liebe ergibt sich eigentlich nur selten. Von der Partnerschaft fürs Leben ganz zu schweigen. Doch weshalb ist das so?

Sie war nett. Sie sah auch recht gut aus. Vor allem war sie ein interessanter Typ und wir hatten uns viel zu erzählen. Einen ganzen langen Abend lang, bis die Kneipe zumachte. Danach kam nur noch eine dürre eMail und das war‘s.

Wir hatten unzählige Bilder ausgetauscht, tausende von eMails geschrieben und fast jeden zweiten Tag miteinander telefoniert. Ich bin 400 Kilometer gefahren, um mich mit ihr zu treffen. Doch als ich sie dann sah, war mir schnell klar: da wird nix draus.

Das Foto war zwar schlecht, aber irgendwie vielversprechend. Also habe ich sie getroffen und wir hatten einen wirklich netten Abend. Sie war mir sympathisch und ich hab sie zum Abschied richtig fest gedrückt. Doch als ich ihr dann nachsah, wurde mir bewusst, dass da absolut kein erotisches Verlangen war.

Sie war eine Frau fürs Auge. Eine Schönheit, wie man sie nur selten findet. Ein Weib, das pure Lust und spontanes Verlangen auslöst. Doch mehr war da irgendwie nicht und eine warnende Stimme sagte mir: lass die Finger davon.

Sie war eine kluge Frau. Sehr kultiviert und vielseitig interessiert. Sie war Psychologin und Geschäftsführerin einer bekannten Einrichtung hier in der Region. Wir verstanden uns sehr gut, aber es war die erste Frau, mit der ich eine Nacht verbrachte, ohne dass etwas passierte. Das war vor zehn Jahren und wir sind immer noch befreundet. Aber eben nur das.

Ich habe lange darüber nachgedacht. Ich habe mich gefragt, was da eigentlich abläuft. Was passiert zwischen dem ersten Online-Kontakt und dem tatsächlichen Kennenlernen. Und was entscheidet darüber, ob sich die Sache weiter entwickelt oder eben nicht. Mit der Psychologin habe ich lange darüber geredet und mir sind dabei zumindest einige Zusammenhänge deutlich geworden.

Kommunikation ist weit mehr als Worte

„Solange du nur schriftlich mit jemand kommunizierst, lernst du nur die Gedankenwelt dieser Person kennen. Du erfährst, was sie bewegt und was sie interessiert, was ihr Spaß macht und was sie langweilig findet, womit sie sich beschäftigt und was sie arbeitet. Irgendwann kennst du ihre Einstellungen und ihr geistiges Niveau. Das ist schon recht viel. Aber es ist dennoch nur ein fragmentarisches Wissen, das noch viele Lücken hat. Und wenn du dabei einen positiven Eindruck gewinnst, schließt du eben diese Lücken mit deiner eigenen Fantasie. Das heißt, die Person nimmt in deinem Kopf immer mehr Gestalt an. Aber sie bleibt dennoch ein Fantasiewesen.“

Das erklärte zumindest, weshalb der erste persönliche Kontakt manchmal, ja eigentlich meistens, so ernüchternd ist. Doch da ist noch ein Aspekt:

„Beim persönlichen Gespräch mit einem Menschen nehmen wir gut 80 % aller Informationen und Eindrücke mit dem Unterbewusstsein wahr,“ meinte meine Psychologin. „Diese Informationen fehlen aber komplett, solange man sich nur schreibt. Schon bei einem ersten Telefongespräch kann sich ein völlig anderer Eindruck einstellen, denn allein die Stimme verrät mehr über die Person, als uns bewusst ist.“

Damit war mir klar, weshalb ich so manchen Kontakt nach dem ersten Telefongespräch abgebrochen habe. Einfach so. Ohne konkret sagen zu können, weshalb. Manchmal kam einfach kein flüssiges Gespräch zustande. Manchmal war es vermutlich die Stimme, die Unwohlsein signalisierte. Denn es sind nicht allein die Worte entscheidend, sondern auch, die Art wie sie ausgesprochen werden.

Ich schloss daraus, dass es eigentlich keinen Sinn macht, sich lange in der Onlinewelt aufzuhalten. Dating-Börsen taugen zu nicht viel mehr, als einfach nur Kontakte herzustellen. Gefällt das Bild, klickt man auf das Profil. Findet man darin die richtigen Stichworte, formuliert man ein „Hallo, ich bin an dir interessiert.“ Danach sollte man so schnell wie möglich alle Medien hinter sich lassen und sich persönlich treffen. Denn alles andere ist irgendwie Zeitverschwendung. Man baut damit nur unnötig Illusionen auf, die leiglich auf Wünschen, Annahmen, Vermutungen, Erfahrungen, Vorurteilen beruhen – und selten der Realität standhalten.

Denn die menschliche Kommunikation ist ein weitaus komplizierterer Vorgang, als die meisten von uns wissen. Vor allem, weil der größere Teil nicht im rationalen, sondern im unbewussten Bereich unseres Gehirns stattfindet. Und dieses „Bauchgefühl“ funktioniert meist weitaus besser als jede rationale Analyse. Allerdings muss man lernen, es überhaupt wahrnehmen und dann auch noch richtig zu entschlüsseln.

„Der Körper lügt nie,“ so meine Psychologin: „Nur ganz wenige Menschen beherrschen die Signale, die ihr Körper unbewusst aussendet. Aber wir alle haben gelernt, sie wahrzunehmen und daraus positive oder negative Schlüsse zu ziehen. Auch wenn diese Schlussfolgerungen meist sehr diffuser Natur sind.“

Sie riet mir übrigens, was ich tun wolle, wenn ich eine Frau ich richtig gern hatte: "Nehm sie zum Abschied einfach in den Arm und drück sie dabei fest an dich. Fühlt sie sich dabei wohl, wirst du es spüren. Mag sie dich nicht wirklich, wird sich ihr Körper versteifen und du weißt Bescheid.“ Ich kann mittlerweile sagen, dass dieser Test absolut zuverlässige Ergebnisse liefert. Außer bei Norddeutschen vielleicht, denn die sind von Nautur aus eher verklemmt und haben es nicht so gern, wenn man ihnen allzu früh zu nahe kommt. Aber auch hier wird Mann merken, ob sie sich wirklich sperrt oder ob es ihr einfach nur noch etwas zu persönlich ist.

Aus Erfahrung wird man klug und die Summe der Erfahrung nennt man Erkenntnis. Ich habe dabei im Laufe meines Lebens festgestellt, dass es drei Ebenen sind, auf denen ein Mann und eine Frau miteinander harmonieren müssen, wenn sich eine Beziehung entwickeln soll:

Die intellektuelle Ebene

Wenn das geistige Niveau zu unterschiedlich ist, wird man vermutlich nie wirklich zusammenpassen. Der größte Teil einer Beziehung findet nämlich nicht im Bett statt, sondern besteht vor allem aus Kommunikation. Und wenn man nicht richtig miteinander reden kann, weil die Wissensunterschiede zu groß sind oder sich jeder auf einem anderen Sprachniveau bewegt, wird es auf Dauer richtig problematisch.

Es kann zwar sein, dass eine junge Frau einen älteren Mann anhimmelt, weil er so viel weiß, so viel klüger ist und sich so viel besser ausdrücken kann. Und es ist möglich, dass ihm gerade das gefällt. Aber irgendwann werden sich beide nichts mehr zu sagen haben, weil sie einfach auf zu unterschiedlichen Ebenen denken, leben und reden.

Das ist meiner Überzeugung nach übrigens auch ein wesentlicher Grund, weshalb sich viele Männer irgendwann von einer Frau trennen, die viele Jahre lang nur als Hausfrau gelebt und dabei ihre intellektuellen Fähigkeiten nur sehr eingeschränkt genutzt hat. Man hatte sich zum Schluss einfach nichts mehr zu sagen, denn sie verstand nicht, wovon er redete und er interessierte sich nicht dafür, was sie zu berichten wusste.

Die Sympathieebene

Sympathie ist etwas, was man nur schwer greifen kann. Was macht einen Menschen sympathisch und einen anderen Menschen nicht, obwohl man objektiv absolut nichts gegen ihn hat?

Ich muss dabei an eine Frau denken, die ich neulich am FKK-Strand sah. Gewisse, sie war nicht mehr die Jüngste und hatte graue Haare. Aber sie sah doch noch recht verführerisch aus. Vor allem aber hatte sie diese offene, echte Freundlichkeit drauf, wie man sie nur selten findet. Ja, ich war von ihr angetan und wenn ich nicht ein bezauberndes Wesen an meiner Seite hätte, das ich nicht mehr missen möchte, wer weiß …

Auch beim Dating spielt Sympathie eine ganz große Rolle. Meist entscheidet sich bereits im allerersten Augenblick, ob man sie „mag“ oder eher nicht. Im Laufe des Abends kann sich das Bild zwar noch ändern, aber irgendwie, irgendwann wird sich doch der erste Eindruck bestätigen. Auch das hat natürlich viel mit Körpersprache und unbewusster Wahrnehmung zu tun.

Nein, eine Frau, dir mir nicht von vornherein sympathisch ist, wird wohl auch nie ein Teil meines Lebens werden. Sie muss ein angenehmes Wesen haben, sonst ist es nur eine Beziehung, die auf Nehmen und Geben beruht. Ich glaube, dass es da anderen Männern nicht viel anders geht. Rein materialistisch eingestellte Typen finden vielleicht zusammen, weil sie sich bestimmte Vorteile voneinander erhoffen. Aber wo die Chemie nicht stimmt wird sich nichts Dauerhaftes etablieren.

Die erotische Ebene

Erotik spielt natürlich immer eine Rolle. Und je ausgeprägter die Sexualität des Einzelnen ist, desto bedeutender wird diese Rolle sein. Wenn Mann eine Frau nicht begehrt, dann fehlt doch schon ein großes Stück Anziehungskraft. Umgekehrt natürlich genauso. Anders gesagt: Sie muss schon eine verdammt gute Gesprächspartnerin und ein unheimlich sympathisches Mädchen sein, um mangelnde sexuelle Anziehungskraft wettzumachen.

Wobei natürlich jeder Mann seine eigenen Vorstellungen davon hat, was für ihn sexuell anziehend ist und was nicht. Die einen stehen auf eine schlanke Gazelle mit kleinem Po und winzigem Busen. Andere brauchen eine Frau, bei der man in die Vollen greifen kann. Es gibt Männer, die nur auf große oder kleine Busen stehen und andere für die vor allem der Po entscheidend ist. Auf jeden Fall hat jeder seine ganz persönlichen Grenzen. Und die entscheiden darüber, ob ihr Anblick sein Verlangen entfacht oder eben nicht.

Ich selbst bin eigentlich nicht auf einen bestimmten Frauentyp fixiert. Aber ich habe ein ausgeprägt ästhetisches Empfinden. Wenn mir daher ein zierliches, kleines Ding begegnet, das weder vorne noch hinten ausgeprägte weibliche Attribute vorzuweisen hatt, schalten bei mir alle Antennen ab. Auch wenn sie ausgeprägt dick ist kann dies keine noch so sympathische Persönlichkeit und intellektuelle Brillanz wettmachen. Das ist nicht böswillig. Das ist nicht sexistisch. Das ist einfach männliche Biologie und liegt damit in einem Bereich, den ich nicht wirklich beeinflussen kann.